17. DIE KINDER DES BAUMES

Die Kinder des Baumnes

(vor zweitausend Jahren)

von Bernd Krosta

(Die Ebene von Ur)

Prolog

Die Zeit über der Ebene von Ur schien still zu stehen, die Natur hielt den Atem an.

Die intelligenten Bewohner der Würfelweltebene blickten verwirrt nach oben.

Ein Brausen erhob sich und Sturm kam auf.

Dann stürzte der Feuerball herab und brachte Tod und Verderben

über die Ebene.

Der Einschlag erfolgte im Zentrum des einzigen Kontinents.

Die darauf folgenden Erdbeben, Stürme, Brände und Überschwemmungen brachten hunderttausenden von Lebewesen den Tod und erschütterten die ganze Ebene.

*

Aber es war auch der Anfang einer einzigartigen Verbindung.

Schwarzer Regen fiel auf sie herab, doch die Tarh'minen schienen nichts davon zu bemerken.

Immer noch bebte in unregelmäßigen Abständen die Erde.

Die bis zu anderthalb Meter großen behaarten Wesen standen da und betrachteten die Überreste des Dorfrundes.

Mehr als eintausend Tarh'minen waren bei der Katastrophe umgekommen.

Unter den einstürzen Häusern begraben, in aufbrechende Erdspalten gestürzt oder von herumfliegenden Trümmern erschlagen worden.Lor'en überblickte, auf ihren Sohn gestützt die unvorstellbar kleine Gruppe der Überlebenden, nur siebenunddreißig, Männer, Frauen und Kinder.

Bei einem Erdbeben war sie unglücklich gestürzt, hatte sich den Knöchel verstaucht und eine Platzwunde am Kopf davon getragen.

Nach Stammesbrauch war Lor'en als älteste lebende Tarh'minin die Führerin.

Ihr Fell zeigte schon einige kahle Stellen, sieben Kinder hatte sie zur Welt gebracht, von denen nur Jor`hin, ihr viertgeborener überlebt hatte.

Auch Kor`hn, Lor'ens Mann war unter den Trümmern gestorben.

Sie sollte froh sein, überhaupt noch ein Kind zu haben, schalt sie sich; aber der Schmerz saß tief.

Die Überlebenden verbrachte die acht im letzten noch halbwegs intakten Haus.

Langsam begannen die Tarh`minen, sich von ihrem Schock zu erholen.Lor`en hinkte durch die Trümmer und versuchte, verschiedene Aufgaben zu verteilen.

Soweit möglich wurden die Toten zwischen den Häuserüberresten geborgen.

Nach alten Brauch wären die Körper der Gestorbenen gevierteilt worden:

Ein Teil für die Erde, ein Teil den Aasfresser, ein Teil dem Feuer und der Luft- und den vierten Teil, Herz und Gehirn nahmen sich die engsten Angehörigen.

Somit wäre der Tote ehrenvoll dem Leben wiedergegeben worden.

Doch das jetzige Ausmaß an Opfern übertraf die Möglichkeiten der Lebenden bei weiten.

So begnügten sie sich schweren Herzens damit, wenigstens die engsten Angehörigen nach alter Sitte zu beerdigen.

Die Leichen der übrigen Toten wurden sorgfältig in der Dorfmitte nieder gelegt.Durch die noch immer fallenden Regenmassen, die Stürme und die Nachbeben behindert, brauchten sie für diese Arbeit über eine Woche.

Bei der ersten Aufhellung des Himmels gelang es ihnen, das Feuer zu entfachen

Den brennenden Totenhügel und diesen verfluchten Ort verlassend, machte sich der letzte Rest des tarh´mischen Volkes auf, um ein neues Leben zu finden.

**

Sie wanderten durch eine traurige verunstaltete Landschaft.

Die großen Wälder waren durch Stürme und die ausbrechenden Brände weitgehend zerstört.

Nur vereinzelt regte sich Leben zwischen den ungestürzten Bäumen.

Mitunter bebte die Erde immer noch leicht.

Fast pausenlos nieder stürzender, schwarzer Regen hatte die Fellkleidung längst durchnässt und ihr Körperfell verklebt.

Besonders die kleineren Kinder begannen über Atembeschwerden zu klagen.Mit Hilfe ihres Sohnes hinkte Lor'en immer wieder vom Anfang der Gruppe bis zu deren Ende, um den Leuten Mut zu machen.

So unterdrückte sie die Gedanken an ihr eigenes Leid.

Die vom Dorf mitgeführten Nahungsmittel und das nicht vom Regen verdorbene Wasser würden bald knapp werden.

Bel'den und So'rad zwei junge Jäger, eilten der Gruppe voraus und suchten nach Wild und vielleicht einen Tümpel mit reinen Wasser.

Doch sie fanden nur verendete Tiere, deren sie sich nicht zu essen trauten.

Unter einen Felsvorsprung, der einigermaßen vor dem Regen schützte schlugen die Tarh`minen ihr Lager auf.

Hier wollten sie die Nacht verbringen.

" Gefahr, Gefahr, wacht auf!"

Der Ruf ging gleich darauf in einen Schrei über.

Lor'en schreckte hoch; überall sprangen erschrockene Tarh'minen auf.

Rote Augen huschten um den Lagerplatz, die sich plötzlich in angreifende Bestien verwandelten.

Eine Horde wilder Hunde fiel über das Lager her.

Die Tiere waren über und über mit der schwarzen Regensubstanz bedeckt.

Geifer stand ihnen vor den Mäulern.

Verzweifelt verteidigten sich die Tarh'minen mit ihren Speeren und Fackeln aus der Feuerstelle.

Der Kampf dauerte mehrere Stunden.

Die Horde musste über zwanzig Tiere stark sein.

Die Bestien wurden immer wieder zurückgedrängt, mehrere

Tiere konnten mit den Speeren getötet werden, aber auch viele Tarh'minen erlitten Bisswunden.

Erschöpft stützte sich So'rad auf seinen Speer.

Gerade war es ihnen wieder gelungen, die Hunde zu vertreiben.

Ein Hilferuf ließ ihn herum fahren.

Ein Kleinkind hatte sich losgerissen und lief aus dem Schutzkreis in die Nacht.

Eine junge Frau rannte laut schreiend hinter ihn her.

Fast hatte sie es erreicht, als vier Hunde aus der Dunkelheit auftauchten und das Kind niederrissen.

Entsetzt sprang die Frau vor und hieb mit einem Stecken auf die Tiere ein, worauf eines sich ihr zuwendete und sie wild geifernd attackierte.

So'rad schüttelte die Benommenheit ab, die ihn während dieses Schauspiels überfallen hatte, und stürmte lauthals brüllend in Richtung des Kampfes.

Auch von den anderen Seiten tauchten jetzt Jäger auf und griffen ein

Den Speer schwingend stürzte sich So'rad auf die Tiere, die das Kind hinter sich herschleiften.

Ein schnell ausgeführter Stoß in den Hals ließ einen Hund staucheln.

Nochmals stieß So'rad zu, und die Bestie regte sich nicht mehr.

Die anderen Tiere, bedrängt von immer mehr Tarh'minen, zogen sich von ihren Opfern zurück und verschwanden wieder im Unterholz.

Das Kind, es war ein kleiner Junge, gab keine Lebenszeichen mehr von sich.

Die junge Frau, war bis auf einen schweren Schock nahezu unverletzt.

Trotz ihrer Müdigkeit konnten die Überfallenen in dieser Nacht vor Angst kein Auge mehr zutun.

Noch über eine Stunde war in der Ferne das Heulen der Hunde zu hören, aber sie zeigten sich nicht mehr. Das Grau des Morgens zeigte das wahre Ausmaß des Angriffes.

Außer dem getöteten Jungen war auch ein älterer Tarh'mine so schwer verwundet worden, dass er schließlich verblutete.

Bei zweien war es fraglich, ob sie die nächsten Tage überstehen würden.

Fast alle der Überlebenden hatten leichte bis schwere Bisswunden davongetragen.

Nach einer weiteren Woche des Dahinschleppens war die Lage verzweifelt geworden.

Die Nahrung war so gut wie verbraucht, und seit einem Tag hatten sie kein Wasser mehr.

Bei den Verletzten hatten sich die Wunden entzündet, sie litten unter Fieberanfällen. Zwischenzeitlich hatten die Atembeschwerden alle Tahr'minen erfasst.

Während sich einer der beiden Schwerverletzten zu erholen schien, war der andere gestorben.

Eines der Kinder trank, bevor es von einem Erwachsenden daran gehindert werden konnte, aus einer Regenpfütze und litt anschließend unter qualvollen Krämpfen.

Der letzte Rest Zuversicht begann die Gruppe zu verlassen.Um den Jäger To'gan begann sich eine Opposition zu bilden, die für Umkehr plädierte.

Doch dann fanden die Wanderer, Fleisch und genießbares Wasser, Bel'den und So'rad folgten

einer kleinen Antilopenherde, die sie im Unterholz ausgemacht hatten.

Die Tiere waren in einer Höhle verschwunden und die beiden Jäger konnten sie dort an einer Quelle aufstöbern.

Es gelang ihnen zwei Böcke zu erlegen, bevor die Herde sich in alle Winde zerstreute.

Langsam wurde das Wetter besser.

Die Tarh'minen blieben im Umkreis der Höhle.

Nachdem sie ihr Fell gereinigt hatten, verringerten sich die Atembeschwerden und auch das Fieber der Gebissenen legte sich allmählich.

Sonnenstrahlen brachen wieder öfter durch die Wolkendecke.

Unbemerkt fand eine Veränderung in den Körpern der Überlebenden statt.

Lor'en unterdrückte einen Hustenreiz.

Noch hatte sie sich nicht ganz vom Fieber erholt, doch ihre Bisswunde am Oberschenkel war inzwischen verschorft.

Auch das Kind, das von dem schwarzen Wasser getrunken hatte, begann sich überraschenderweise zu erholen.

Die schwarze Flüssigkeit dehnte sich immer weiter aus.

Jedes Gefühl, jeglicher Gedanke wurde vom schwarzen Tod überdeckt.

Da war nur noch Resignation.

Doch irgendwo hielt sich ein goldener Funke und schrie verzweifelt um Hilfe.

Schweißgebadet wachte Lor'en auf.

Sie vermeinte, den schwarzen Schleim noch immer direkt auf ihrer Haut, ja in ihren Körper zu spüren.

Das erinnerte sie an das abscheuliche Gefühl, das der schwarze Regen auf der Haut mit sich gebracht hatte.

Sie glaubte, immer noch die Not zu spüren, einen schwachen weit entfernten Hilferuf.

Zuerst glaubte sie, alles wäre nur ein Traum gewesen, aber in der nächsten Nacht empfing sie die Botschaft von neuen. Zu ihrer Überraschung musste sie in der folgenden Zeit feststellen, dass auch andere Tahr'minen diese Empfindung verspürten, nur wenige waren nicht betroffen.Das Gefühl der Not blieb nicht allein auf die Nacht beschränkt.

Wenn man nicht konzentriert mit etwas beschäftig war, konnte es einen jederzeit überwältigen.

Vierunddreißig Tarh'minen, der klägliche Rest eines einst stolzen Volkes, hatten sich um die Feuerstelle versammelt.

Lor'en trat vor und sprach die Gedanken der meisten Anwesenden aus:

" Bis vor kurzer Zeit glaubten wir, wieder Frieden finden zu können. Vor über einen Monat fanden wir diesen Ort mit frischem Wasser und gesunden Leben in der Umgebung

Endlich schien der große Flammengott zufrieden zu sein, unsere Heimsuchung schien ein Ende zu haben.

Doch neue Unruhe ist über uns gekommen. Ihr alle spürt es. Ich muss ansehen, wie Bin'ka sich nicht einmal mehr hinsetzen kann, ohne am ganzen Körper zu zittern.

Du Rho'sen, warst einer unser besten Jäger und kannst nun den Tieren nicht mehr nachspüren, weil das fremde Gefühl dich zu sehr quält."

Zustimmendes Gemurmel erhob sich in der Runde.

" Wir werden keinen Frieden finden, solange wir den Ursprung der Peinigung nicht aufgedeckt haben!"

Verschiedene Stimmen wurden laut. To'gan erhob sich. Er war zu Lor'ens Gegenpart geworden, der immer wieder auf tatsächliche oder scheinbare Mängel aufmerksam machte.

" In letzter Zeit habe ich vesucht unsere ehrenwerte Führerin bei ihrem schweren Amt zu unterstützen."

Er verneigte sich kurz in Lor'ens Richtung, worauf diese ihm einen ironischen Blick zuwarf

.

" Wir waren meistens nicht der gleichen Meinung, und jetzt sehe ich die Gefahr, dass wir unseren neuen Lebensraum wieder leichtfertig verlieren. Aber auch ich spüre die fremden Signale und weiß,

dass wir sie erforschen müssen, um endlich Ruhe zu haben. Lasst uns nur eine kleine Gruppe schicken, damit wir uns diesen Ort hier erhalten können."

Der Aufbruch erfolgte in aller Eile.

Sie hatten sich auf einen Kompromiss geeinigt- dreizehn Tarh-minen würden den Weg nicht antreten.

Entweder waren sie noch zu geschwächt oder sie spürten die ausgesendeten Emotionen nicht in diesem Maße.

Bei den anderen war das Gefühl zu stark um sie am Mitgehen hindern zu können.

Die Sonnen waren jetzt wieder häufiger zu sehen.

Die eingeschlagene Richtung schien den Suchenden von vornherein klar zu sein. Alle wussten genau, wohin zu wenden hatten.

Lor'en führte die Gruppe an, und auch To'gan hatte sich trotz seiner Worte nicht vom Mitkommen abhalten lassen.

Sie mussten ausgedehnte Flächen umgehen, die vollständig von der schwarzen klebrigen Masse bedeckt waren.

Auch waren überall die Kadaver von verendeten Tieren zu sehen.

Selten nur liefen ihnen lebende Geschöpfe über den Weg, die sich manchmal schnell versteckten, aber gewöhnlich recht schwach waren und sich nur langsam entlang des Weges bewegen konnten.

Die Vegetation begann sich in kleinsten Schritten ein wenig zu erholen.

Geschütz in versteckten Winkeln blühten wieder Blumen. Mehrmals begegneten die Tarh'minen den tiefschwarzen Überresten einst mächtiger Baumriesen,

die in Bruchstücke zersplittert waren. Die Natur würde viele Jahre benötigen, um sich wenigstens teilweise wieder zu regenerieren.

Eines Abends erreichten sie ein Waldgebebiet, welches die Stürme halbwegs gut überstanden hatte.

Auch hier waren viele Pflanzen schwarz überkrustet. Sie wirkten vertrocknet und ausgedörrt, jeglicher Nährstoff schien ihnen entzogen worden zu sein. Immer stärker drängte sich den Suchenden das Gefühl auf, in unmittelbarer Nähe ihres Ziels zu sein.

Der Wald wurde ständig dichter.

Die Bäume sahen noch immer krank aus und es hatte den Anschein, als ob sich mit ihren Ästen ineinander verzahnt hätten, um den Unbilden besser widerstehen zu können.

Die Tarh-minen mussten sich durch regelrecht undurchdringlich werdendes Geäst kämpfen. Es war als ob sich buchstäblich ein Schutzwall vor ihnen auftürmte.

Die Empfindungen begannen sich zu vermischen - Lor`en konnte nicht mehr unterscheiden, ob ihre Verzweifelung von den Schwierigkeiten, herrührte den Wald zu durchqueren,

oder von außen auf sie eindrang. Mehrere Mitglieder der Gruppe brachen unvermittelt in Tränen aus und zuckten wie von Krämpfen geschüttelt auf.

Ihr Zeitgefühl verwirrte sich.

Mühsam kämpfte sich Lor'en ihren Weg durch das Gewirr.

Unbewusst bemerkte sie, dass sie allein war. Aber alles, was nun noch zählte, war die Erreichung des Ziels.

Unversehens brach sie durch die Äste und befand sie auf einer großen Lichtung.

Wie magisch angezogen blieb ihr Blick auf dem gewaltigsten Baum hängen, den sie je erblickt hatte.

Er musste weit über einhundert Meter in der Höhe messen. Eine Art Zwang zog sie in Richtung des Gewächses

. Er hatte die meisten Blätter verloren. Dicke, adernartige Auswüchse wandten sich um den Stamm.

Sie schillerten in allen Regenbogenfarben und doch war das Leuchten gedämpft. Überall auf der Rinde waren große schwarze Flecke zu sehen.Die Tarh'minin trat näher heran.

Ein Knirschen und Ächzen war zu vernehmen, eine Öffnung tat sich zwischen den hoch aufragenden Wurzeln auf,

gerade groß genug für einen Tarh'minen. Ein Geräusch ließ Lor'en herum fahren. To'gan hatte die Lichtung erreicht. Mit glänzenden Augen sah er auf den Baum. Hinter ihm traten auch andere Tahr'minen auf die freie Fläche Entschlossen wandte sich Lor'en wieder den Baum zu.

Ein Schauer überlief ihren Rücken, ihr Fell sträubte sich, aber sie schritt durch die Öffnung.

Verschiedene Gefühle überkamen sie gleichzeitig: Not, Furcht aber auch Freude und ein bohrendes Fragen.

Sie versank in eine Art Halbschlaf, und die Empfindungen wurden in ihren Gedanken zur Sprache:

" Ich bin Rijkana, der letzte meiner Art. Das Fallende Feuer brachte meinem Volk den Tod.

Diejenigen die widerstanden, wurden vom schwarzen Regen dahingerafft; und auch mein Leben neigt sich dem Ende zu. Das schwarze Wasser hat mich vergiftet. Der Boden ist verseucht. Mein Körper hat sich voll gesogen und die schwarze Fäulnis breitet sich immer weiter aus.

In der Verzweifelung saugten meine Wurzeln das Leben aus meinen Vettern.

Auch diese waren befallen und meine Qual steigerte sich. Alleine habe ich nicht mehr die Kraft zum Widerstand

Ihr erhörtet mein Rufen.

Ich bereue die Qualen, die es euch antat, aber ich könnte die Stärke meiner Gefühle nicht mehr kontrollieren.

Ihr, die ihr euch Tarh'minen nennt, seid etwas ganz Besonderes, denn ihr passtet euch dem schwarzen Gift an.

Aber es nahm euch die Fähigkeit zur Fortpflanzung."

Entsetzen überkam Lor'en. Das war das Ende des Volkes.

Doch der Baum sprach weiter:

" Etwas Kraft ist mir verblieben; und wenn ihr mir einen Teil eurer Lebensenergie gewährt, kann ich sie zu unser beider Nutzen einsetzen.

Tritt nun näher, Lor'en, und fürchte dich nicht.

Aus zweien die alleine nicht mehr leben können, kann ich eins machen."

Und während Rijkana sprach, erstrahlte sein Inneres in immer hellerem Licht. Lor'ens Ich verschmolz mit dem Baum. Ihre Gedanken wurden eins, und als die Wahrhaftigkeit seiner Empfindungen verspürte, gab sie sich ihm hin.

Das Licht wurde immer greller und löschte ihr Bewusstsein.

Die Tarh'minen würden auf eine neue Weise überleben können.

Bei ihrem Erwachen fühlte Lor'en sich sehr geschwächt, und sie gewahrte, dass sie ihr Fell verloren und ihre Haut einen dunklen bis schwarzen Ton angenommen hatte

.

" Du hast mir von deiner Lebenskraft gegeben. Nun führe deine Brüder und Schwester zu mir, mit ihrer Kraft werde ich mich heilen und euer Überleben sichern können", vernahm sie die Stimme Rijkanas.

Die Gruppe schien nur leicht überrascht, Lor'en in dieser neuen Gestalt zu sehen.

Keiner sträubte sich; selbst die kleineren Kinder betraten den Baum ohne Furcht. Und mit jedem eingetretenen Tarh'minen erstrahlte der Baum in neuem Leben verschwanden die Zeichen des schwarzen Gifts.Epilog

" Hört, hört, Jungvolk. So wird es von Generation zu Generation weiter gegeben, auf dass unser Ursprung nicht verloren gehe", sprach Nor'ak zu den jungen Tarh'minen:

" Bald war das gesamte überlebende Volk um Rijkana versammelt; und als alle Tarh'minen die Verbindung eingegangen waren, war die erste Baumgemeinschaft gegründet.Als Lor'en, die alte und weise Führerin des Volkes starb, wurde sie in Rijkana, unserem Urvater zur Ruhe gebracht, wie es auch heute noch Brauch und Pflicht bei jeden Rijkana ist.

Das sonst hell strahlende Licht von Rijkana wurde dunkler und schwächer. Furcht und Entsetzen überfiel das Volk. Aber kein Tag verging, da begann er wieder in voller Herrlichkeit zu leuchten und die Wurzeln gaben die Öffnung frei.

Ein junger Tarh'mine verließ den Vater; und - wie alle Baumgeborenen - war er klein im Wuchs. Dafür hatte er den Makel des Geschlechts verloren. Er gehörte einzig und allein Rijkana. Sein Name lautete Lor'enat, denn er trug die Erinnerung an die weise Führerin in sich.

Regelmäßig traten Kinder des Baums in den Vater und gaben ihm ihre Kraft.

Mit dieser Energie gebar Rijkana junge Tarh'minen, und bald wuchs das Volk zu neuer Größe.

Überall in Oasis wurden Ableger von Rijkana gepflanzt, neue Baumgemeinschaften wurden gegründet.

Die Hohlräume in den neuen Rijkanas wuchsen auf solche Größe, dass sie uns Heim und Schutz gewährten." Nor'ak hustete kurz.

Sein Blick schweifte über die Lichtung und blieb liebevoll auf Har'ankanapur hängen, den Rijkana dieser Baumgemeinschaft.

Leise fuhr er fort:

" Die Ableger leuchten nicht mehr in allen Farben wie der Urvater. Ihr strahlt in ihrem Inneren; und nur bei den Ältesten dringt es durch die äußere Rinde.

Auch ist ihnen die Fähigkeit verlorengegangen, im Geist mit der Baumgemeinschaft der Tarh'minen zu reden.

So erwählt jeder Rijkana ein Mitglied seiner Gemeinschaft zum Baumleser. Dessen Haut schimmert nach der Weihe in der gleichen Farbe wie der Rijkana, und über dieses Leuchten führt die Verständigung.

Der Baumleser ist das wichtigste Wesen unserer Gemeinschaft. Ohne ihn wären wir, genauso wie unser Rijkana zum Tode verdammt. Denn nur der Baumleser kann dem Rikana den genauen Zeitpunkt zur Beendigung der Lebenskraft-Übertragung anzeigen.

Ohne diese Kontrolle würden die Rijkanas uns aller Lebenskraft, bis zum Tode berauben, da sie nicht das Gefühl für die Gefährdung eins Tarh'minen

haben."

" Verzeiht, Zweiter Sprecher", unterbrach ein junger Tarh'mine Nor'ak.

" Warum sagen die Älteren immer, wir wären die besten Jäger in Oasis?"Nor'ak lächelte.

" Du hast noch viel zu lernen, junger Sin'ak. Wir einfachen Tarh'minen verstehen den Rijkana zwar nicht, doch gab er uns andere Fähigkeiten.

Ihr kennt es alle; sobald ihr euch vor einen anderen Hintergrund stellt, passt sich eurer Hautfarbe diesem an. In nicht all zu ferner Zukunft, wenn ihr den Erwachsenenstatus erreicht, wird ein zweites, noch eindrucksvolleres Talent in euch erwachen, das Tar'g. Mit einiger Übung werdet ihr fähig sein, eure Körperfunktionen auf ein Minimum zu senken und absolut bewegungslos zu bleiben.

Eine wunderbare Gabe in Verbindung mit der Anpassungsfähigkeit unserer Haut, besonders bei der Jagd. Doch bedenkt die Kraft des Tar'g läßt sich nur aus der inneren Ruhe heraus entfalten.

Bei plötzlicher Gefahr seid ihr allein auf euer körperliches Geschick und eure Kraft gestellt. Also denkt voll Stolz an eure Herkunft und euer Sein, denn wir alle sind die Kinder des Baumes."Ende

C. 1994 by Bernd Krosta

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